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#1
*** Enterprise G / Kapitänsmesse ***

Seit einer knappen Woche war ich unterwegs als Beobachterin auf dem neuen Flaggschiff der Föderation. Das äußere Design war ungewöhnlich: die beiden Antriebsgondeln waren keine kompakten an Backbord befindlichen Körper, sondern flossen geradezu organisch aus dem Schiffskörper und hatten die Form eines langgestrecken, innen offenen Ovals ((Anm. ähnlich wie bei der Orville...)). Dies ermöglichte die übergangslose 'Schaltung' von Warp zu Transwarp. Innen hatte mich das übliche Sternenflottendesign begrüßt: helle, warme Töne, an zahlreichen Orten waren auch Kunstwerke in die Gangpanele integriert worden. Schließlich sollte das Schiff Botschafter der Föderation sein, und würde zahlreiche diplomatische Delegationen transportieren. Anders als mein letztes Schiff, die Saipan B, die mehr militärischen Charakter gehabt hatte. Hinter der Lounge-Atmosphäre allerdings verbargen sich die modernsten Systeme. Noch im Erprobungscharakter auf der Saipan, so gab es jetzt zum Beispiel Notfall-Holoemitter auf den diversen Decks nicht nur für medizinische, sondern auch defensive Einsätze - falls die Crew aus irgendeinem Grund nicht mehr in der Lage sein sollte, das Schiff zu verteidigen.

Auch ein Kommando-Hologramm gab es, und Captain Merrick pflegte zu scherzen, dass wir ja dann sicher alle bald in Rente gehen könnten und mit einer dicken Zigarre im Lehnstuhl abhängen würden.
Ich sah für derlei Befürchtungen keine Veranlassung. Soweit mir bekannt war, gab es lediglich ein Hologramm, das aufgrund seines mehrjährigen Dauerbetriebes in der Lage gewesen war, seine eigene Programmierung selbständig weiter zu entwickeln und vollständige Persönlichkeitsrechte erhalten hatte: der "Doc" der USS Voyager. Ich hatte ihn selbst einmal kennen gelernt - ein tatsächlich sehr komplexes, wenn man wollte "menschliches" Individuum.

Im Augenblick saß ich mit dem Oberbefehlshaber, einem eher kleinen, unauffälligen Menschen, und dem Captain der Enterprise, Rahv Merrick, in der Kapitänsmesse und dinierte. Merrick war Halbandorianer, und die merkwürdigen, nicht voll ausgebildeten Kopffühler gaben ihm ein etwas gnomenhaftes Aussehen. Äußerlichkeiten hin oder her - er war offen, freundlich und fair zu jedermann, ein verdienter Diplomat und hatte sich durch die Lösung mehrerer brenzliger Situationen einen Namen gemacht.

OBH Sandford schob die Reste seines Boeuf Bourguignon etwas zurück, tupfte sich dezent die Lippen ab und bemühte sich, ein Tischgespräch in Gang zu halten. "Aus diesem Grund bin ich auch erfreut, dass Sie, Captain Merrick, dem Kommando zugesagt haben. Eine Wende der Sternenflotte zurück zu den Idealen der Forschung und Diplomatie war überfällig. Das hat uns nicht nur der Zwischenfall bei der Einweihungsfeier gezeigt."

"Ja, durchaus." Merrick schob ein für mich undefinierbares Gemüse in den Mund. "Wissen Sie, diese ganze Situation erinnert mich an die Verhandlungen zum Waffenstillstand bei Zukpa Prime...."

Oh nein, dachte ich leicht ermattet und hörte nur mit halbem Ohr auf die Geschichte, die der Captain entfaltete. Hatte ich sie doch gestern Abend bei unserem Treffen in der Lounge schon gehört....

"Ah, die Calgiani," fiel der OBH Merrick ins Wort im Versuch, den Redefluss irgendwie zu bremsen. "Hatten Sie mit dieser Bruderschaft nicht auch einmal ein unerfreuliches Zusammentreffen, Admiral?"

Ehe ich zu einer Antwort kam, meldete sich die Brücke bei Merrick: + Sir, wir empfangen eine merkwürdige Energiesignatur. Sieht aus wie ein Warpecho eines Föderationsschiffes, allerdings in die tertiare Subraumschicht verschoben. Das Muster bewegt sich grob Richtung klingonisches Hoheitsgebiet, in etwa 12 AE Entfernung von uns.+

"Ich bin unterwegs." Er nahm einen letzten Schluck aus dem Rotweinglas. "Nun, die Pflicht ruft!"

Es schien mir, dass der OBH etwas rasch aufstand... Aber auch ich erhob mich nun.

"Nach Ihnen, Admiral T'Khellian."


USS Enterprise / Brücke ***

Die weiträumige Brücke des neuen Sternenflottenstars bestach durch ihre eleganten Linien und funktionale Schönheit, in der die holographischen Bedienelemente beinahe wie exotische Schmuckelemente schwebten. Ich wusste nicht, wer für das Innendesign zuständig gewesen war, aber es handelte sich offensichtlich um einen Künstler.

Bei unserem Eintreten räumte der Lieutenant im Captains Chair den Platz für Merrick und salutierte. Es war ihm und den anderen Brückenoffizieren anzumerken, dass Sie sich etwas angespannt fühlten. Wer sah sich schon gern von der Kommandantin der Flotte UND dem Oberbefehlshaber von Starfleet zusätzlich über die Schulter geschaut, während er/sie das erste Mal an der Station eines Schiffes auf dem Jungfernflug stand?! Auch wenn ich wusste, dass viele Sternenflottenmitglieder Sandford nicht wirklich für voll nahmen - schließlich hatte er die Akademie nicht absolviert, sondern war als Zivilist berufen worden, akademische Meriten hin- oder her.

Auf die Order des Captains erstattete der vulkanische Sensorikoffizier Meldung, ohne von seinen holographischen Anzeigen aufzusehen. "Das Objekt, das die Energiesignatur aussendet, bewegt sich auf gerichtetem Kurs. Laut der Berechnungen wird es die klingonische Grenze in vier Stunden erreichen, falls keine Kurs- oder Geschwindigkeitsänderung eintritt.“

Es war klar, dass wir verhindern mussten, dass das Etwas die klingonische Grenze überquerte. Der Frieden war wackelig genug, wir konnten uns keine Provokation leisten.

„Ich habe anhand des vorgeblichen Warpechos die Größe und Konfiguration des Objekts berechnet," vernahm ich die Stimme des Sensorikoffiziers erneut.

Merrick lehnte sich erwartungsvoll etwas nach vorn und stützte die Hände auf die Armlehnen.

"Sie entspricht einem Sternenflottenschiff mit den Ausmaßen einer Constitution bis zu einer New Constitution Class, beziehungsweise den zivilen Schiffstypen der Chen-Li-Klasse I-IV. Ehe wir aber die Subraumverschiebung nicht kompensieren können, ist eine exakte Messung nicht möglich."

„Captain, wenn Sie erlauben. Wir sollten versuchen, das Objekt zu erfassen und aus dem Subraum zu holen, ehe es die Grenze erreicht,“ sagte ich.

Merrick stimmte mir zu. Der Einsatz des Traktorsystems verbot sich unter den gegebenen Umständen allerdings, selbst wenn wir unsere relativen Geschwindigkeiten hätten angleichen können, was aufgrund der fehlenden Daten nicht möglich war. Das Objekt musste vielmehr zum Austritt aus dem Subraum gezwungen werden. In Anbetracht der uns verbleibenden Zeit waren die Möglichkeiten allerdings gering… Ich erinnerte mich an einen vergleichbaren Zwischenfall, den ich auf der Saipan erlebt hatte. „Wäre es möglich, einen kurzen Magnetonpuls über den Deflektor zu schicken, wie er zur Initiierung des Transwarps eingesetzt wird? Das müsste die spatiale Faltung vor dem Objekt kurzzeitig zum Zusammenbruch bringen…“

Merrick wandte sich an die Navigation: „Entfernung zum nächsten Sternensystem?“

„12,45 Lj, Sir.“

„Legen Sie die Daten zu den Raumparametern zwischen uns und dem Objekt auf den Schirm!“

Die Entfernung war an der unteren erlaubten Grenze, doch ansonsten blockierten keinerlei Asteroiden, Dunkelmateriewolken oder Nebel unsere Umgebung. Der Captain der Enterprise kam zum selben Ergebnis wie ich. Wir mussten den Versuch wagen.
[Bild: Sareth-neu.jpg]
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