Umbra et Malleus Log 5
#1
NRPG: eigentlich spielte die Szene auf Risa, aber nachdem in Hammertons Log schon ein entsprechendes Setting da war, habe ich die Gelegenheit ergriffen!

RPG:

"On the wings of darkness,
he'll retaliate"

(Within Temptation "A demon's fate)


*** Beta Phönizis / Albacore City ***

Der kahlköpfige Terraner mit dem abstrakten Gang-Tattoo auf dem Schädel justierte sein Sichtgerät  und ließ vorsichtig den Blick aus dem leeren Türrahmen auf die Straße wandern. Die grellen schwebenden Werbeholos konnten den herrschenden Smog kaum durchdringen. Immer wieder blitzten irritierende Farbspiele auf und zerstoben in graubraunem Dunst. Die Luftreinigung schien ausgefallen, man munkelte, dass irgendwelche technischen Komponenten fehlten. Vielleicht waren sie aber auch nur in den unergründlichen Tiefen der Korruption versackt.

Der Terraner fluchte. "Was, wenn er heute nicht auftaucht?"

"Er wird auftauchen," antwortete die Stimme eines zweiten Mannes, der im Dunkel des Hauseingangs verborgen war.

Es lag eine eisige Ruhe in der Intonation, die den Terraner nur noch mehr frustrierte. "ICH hätte den Sack gestern erledigen können, im Pool. Aber nein, es muss nach Plan gehen!" Er spuckte aus. "Und jetzt stehen wir seit Stunden hier und starren auf die verdammte Tür von dem verdammten Laden!"

Er fühlte nicht einmal einen Luftzug. Erst das kalte Metall eines terranischen Kampfmessers an seinem Hals spürte er. Die orange-blaue Holoschrift von gegenüber lief über ein Gesicht mit scharfkantigen Zügen, hoch geschwungenen Augenbrauen und Ohren. "Es geht nach Plan, weil ICH diese Operation leite," zischte Sokar. "Wenn du ein Problem damit hast, kann ich dich von deinen Pflichten entbinden."

Der Terraner stieß eine Obszönität aus und Sokars Messer erzeugte eine kleine rote Blutspur. "Na los, he, du bist scharf drauf mich umzubringen?! Na los doch, Spitzohr! Aber das ist ja nicht logisch, was?!"

Leichter Ozongeruch und ein kurzes fauchendes Geräusch verkündeten einen haltenden Gleiter auf der Straße. Sokar stieß seinen ungewollten Partner gegen die Hausmauer, wandte sich zum Türrahmen - und wurde von einem Schlag in den Rücken gefällt. Elender Idiot! Er warf sich herum, riss den Angreifer von den Füßen und immobilisierte ihn eine Sekunde später, Arme auf dem Rücken, das gepanzerte Knie gegen die Wirbelsäule gepresst. Der Terraner wimmerte. "Mach keinen Scheiß, Mann, war doch nur Spaß!"

Sokars Sichtgerät zeigte einen positiven Abgleich auf ihre Zielperson. Ich habe keine Zeit für solche Späße!
Der Vulkanier zog seinen Phaser, drückte ihn gegen den Kopf des Terraners und feuerte. Sich hochstützend und Sicherheitsabstand einnehmend, stellte er die Waffe auf Höchststufe und richtete sie erneut auf den leblosen Körper. Beweise zurücklassen war nicht seine Art. Dann deaktivierte er das Sichtgerät, brachte seine Kleidung in Ordnung und trat aus der Tür.

 
*** Albacore City / Dark Desires Club ***

Eine widerwärtige Geruchsmischung aus Alkohol, Räucherdrogen und den Körperausdünstungen diverser Spezies waberte Sokar entgegen, begleitet von einem tranceartigen Trommelrhytmus. Auf zwei schwebenden runden Plattformen produzierten sich männliche und weibliche Lustsklaven. Der Blick des Vulkaniers streifte durch das Etablissement, bis er seine Zielperson entdeckt hatte: Thore Helwyn saß in Begleitung seiner vier Bodyguards an einem der hinteren Tische im Separee und war offenbar in eine Transaktion mit einem Geschäftspartner verwickelt. Er trug ein kostbares, kaftanähnliches Gewand, das aber trotzdem nicht verhüllen konnte, was er war: ein fetter terranischer Beamter. Ein korrupter Beamter…
Sokar steuerte unbeirrt auf Helwyn zu, dabei mit einer unauffälligen Bewegung vier Nanodrohnen aus dem Reservoir an seinem Gürtel entlassend.

Einer der Bodyguards fasste sich an den Nacken – dort hatte ihn das Hightech-Mörderinstrument erwischt. Die anderen schienen nichts bemerkt zu haben; vielleicht hing der Detonator in ihrer Kleidung. Jetzt wurde einer der Kerle auf den Vulkanier aufmerksam.

„Ey! Spitzohr! Stehenbleiben!“

„Ich habe mit Mr. Helwyn zu sprechen.“

Der Genannte sah kurz hoch, entschied, dass das Spitzohr keiner näheren Aufmerksamkeit seinerseits wert war und schnippte kurz mit den Fingern in Richtung eines seiner Handlanger. Der Mann trat auf ihn zu, einen Disruptor im Anschlag.

„Ich wäre vorsichtig. Sie haben alle vier eine Nanodrohne abbekommen.“

Der Bodyguard grinste schmierig. „Ich geb dir gleich ne Drohe, du-“ Seine Stimme endete in einem fauchenden Geräusch, als der Detonator sein Werk verrichtete. Einen Moment später sackten die Reste des Mannes die Treppe des Separees hinunter. Auf dem Teppich bildete sich eine Blutlache.

„Ich nehme an, dass Sie jetzt bereit sind, zuzuhören?“

Helwyns Gesicht verzerrte sich vor unterdrückter Wut. Sein Geschäftspartner war in die hinterste Ecke des Separees gerückt, wo ihn weiche Samtkissen leider an einem weiteren Fortkommen hinderten. „Was ist, Spitzohr? Ich habe nicht den ganzen verdammten Tag Zeit!“ versuchte Helwyn vergeblich, sein Gesicht zu wahren.

„Ich komme im Auftrag von Lady Ashinya.“

„Lady Ashinya,“ wiederholte der Terraner vor Sarkasmus triefend. „Und?“

„Ihr ist zu Ohren gekommen, dass Sie Ihre Geschäfte ein wenig weiter ausgedehnt haben, als die Kontrakte vorgesehen haben, und sich hier und da ein wenig an Ressourcen bereichert haben, die Ihnen nicht zustehen.“

Auf Helwyns Stirn bildeten sich kleine Schweißtropfen, die im Licht glänzten. Widerliches terranisches Schwein, dachte Sokar, während er ein Pad aus der Jackentasche zog und dessen Holo-Eingabefeld aktivierte. „Aber – wir sind zivilisierte Geschäftsleute und keine Klingonen.“

Einer der Bodyguards stieß ein kurzes Lachen aus und erntete einen vernichtenden Blick seines Bosses.

Sokar hielt Helwyn das Padd unter die großporige, rote Nase. „Lady Ashinya verlangt 500.000 imperiale Credits als Entschädigung. Bestätigen Sie die Überweisung und die Sache ist vergessen.“

„500.000??? Das ist ja… Das ist…“

„Nennen Sie es Schmerzensgeld. Also?“

Der Terraner riss ihm das Pad aus der Hand und bestätigte mit Irisscan und Fingerabdruck plus genetischen Profilcheck die Transaktion. Sokar jubelte innerlich. DAS war alles, was zählte! Er hatte die Referenzen eines imperialen Beamten! Endlich… endlich! Nur eine Minute später war er wieder vor der Tür und zündete die Detonatoren.
 

*** Albacore City / Lady Ashinyas Privatanwesen ***

Die Villa war abgeschirmt und bewacht wie ein Hochsicherheitstrakt. Ashinya Nakamura wusste, dass die Assassinen einer ganzen Reihe geschäftlicher Neider auf der Lauer lagen, ganz zu schweigen von der Polizei. Letztere allerdings konnte man sich mit Geld vom Hals halten – etwas, das man von den Frontleuten der anderen Syndikate und Gangs nicht behaupten konnte. Daher waren eine gute Überwachungselektronik und eine gute Leibgarde ein unabdingbares Daseinsfundament. Nebst verlässlichen Auftragskillern, die einem kleinere und größere Unerfreulichkeiten forträumten.

Ashinya nahm Sokar in den Blick, der neben ihr auf dem Diwan lag und lächelte ihr Kobralächeln. „Nanodetonatoren. Wie bösartig…“ Das Licht des späten Nachmittags fiel durch das komplexe Schmuckgitter vor dem Fenster und ließ ihren Körper in dem haudünnen Seidengewand glühen. „Keiner erledigt die Aufträge so rasch, sauber und gründlich.“

Sie ließ die langen Fingernägel ihrer rechten Hand über seine Brust gleiten, und angelte mit der anderen Hand nach dem Glas auf dem niedrigen Tischchen. In der rosa Flüssigkeit wirbelten bläuliche Bläschen – das Neueste vom Drogenmarkt, wie es hieß. „ Jedes Credit war es wert, das ich in dich investiert habe, mein Liebling.“ Sie hob das Glas. „Tod all meinen Feinden!“

Tod den Terranern! antwortete er in Gedanken, während sie ihm das Getränk an die Lippen setzte.
 

*** Einige Stunden später / Ein Privatanwesen ***

Sokar schloss die Tür hinter sich, verabreichte sich ein Hypospray mit einem Antidot gegen die Droge aus dem Drink und aktivierte den Computerzugriff. Nebenan schlief Ashinya wie stets nach solchen Escapaden tief und traumlos.
Während er unruhig wartete, bis die Wirkung einsetzte und das Benommenheitsgefühl schwand, zog er das Pad aus der Tasche, verband es mit einem Transferknoten – wobei er drei Ansätze brauchte, da er alles doppelt sah – und duplizierte das Profil Thore Helwyns. Kurz darauf loggte er sich in der imperialen Registrierungssdatenbank ein. Würde er hier schon eine Spur von seinem Sohn finden?

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(PS: ihr könnt Sokar jetzt einbauen, wenn ihr wollt, habe weiter noch nichts mit ihm in Planung)

 
 [Bild: Sokar-Spiegel.jpg]
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