Griff in die Geschichte Log 21 Hahardus Edzardus
#1
=========  Im Forstenrieder Park nahe München  ==========
 
Langsam schob sich der Bernauer Franzl durch das dichte Gebüsch im Forstenrieder Park.
Er hatte hier einige Fallen aufgestellt, um sich für den Sonntag ein paar fette Kaninchen zu fangen, denn zuhause war Schmalhans Küchenmeister.
 
Franzl war noch vor wenigen Jahren als Unteroffizier und Gruppenführer durch die Feuer der Grabenschlachten im Norden Frankreichs gegangen und war hoch dekoriert zurückgekehrt.
Auch jetzt trug er sein EK 1 an der Brust, schon, um eventuell auftauchende  Uniformierte damit zu beeindrucken, denn das, was er hier tat, wurde, wenn er erwischt wurde, mit einigen Jahren Zuchthaus geahndet. Er wilderte. Natürlich ohne jede Genehmigung.
Aber er hatte auch kein schlechtes Gewissen dabei, denn das hier war ein Staatforst und er holte sich nur ein ganz kleines Bißchen davon zurück, von dem er glaubte, daß dieser es ihm schuldig sei.
Bisher jedenfalls war der Dank des Vaterlandes für seinen heroischen Einsatz seines Lebens  ausgeblieben.
Er fühlte sich zutiefst betrogen und wünschte sich, daß die neu aufgetretenen Mannen der NSDAP das Steuer übernehmen und Deutschland wieder zur alten Große führen würden. Vor allem aber, daß sie mehr Dankbarkeit den Frontkämpfern erweise würden, anstelle sie arbeitslos und hungrig in langen Reihen an den Suppenküchen stehen zu lassen.
Dort wollte er sich keinesfalls anstellen, das widersprach allen seinen Ehrgefühlen, aber die hungrigen Mäuler seiner Frau und den drei Kindern mußten gestopft werden.
Um sicher zu gehen, war er nach Anbruch der Dunkelheit losgezogen, aber bisher waren alle Fallen leer geblieben.
 
Er hatte zwar schon einige Kaninchen und auch ein paar Rehe schon aus größerer Entfernung gesehen, aber er wollte auf gar keinen Fall seine schwere Dienstpistole, die er ‚vergessen hatte abzugeben‘, nutzen, denn das würde natürlich sofort die Revierförster auf sich ziehen, die keine Gnade kannten und im Zweifel die Wilderer ohne groß zu fragen erschossen.
Außerdem war ein Reh viel zu schwierig, unbeobachtet abzutransportieren.
 
Er drückte sich gerade durch ein tiefes Gebüsch, in dem er auch eine seiner Schlingen aufgebaut hatte, als er plötzlich gegen eine Wand stieß, die er nicht sehen konnte.
Er stieß sich den Kopf heftig dagegen, was ihn irgendwie erschreckte, obwohl er eigentlich immer der Überzeugung war, daß ihn nach seinen Kriegerlebnissen so schnell nichts mehr würde erschrecken können.
 
Er rieb sich die Stirn und begann mit den Armen vorsichtig nach vorne zu greifen, und tatsächlich: Da war etwas, das eindeutig da, aber trotzdem nicht zu sehen war. Es mußte ein größerer Gegenstand sein, denn er tastete sich langsam entlang, bis er merkte, daß das Objekt endete und rechtwinklig abbog. Er hatte etwa 8 Meter zurückgelegt.
Die Breite betrug etwa 5 Meter und dann die Rückseite etwa 12 Meter, bevor es wieder abbog und kurz darauf am selben Punkt anlangte, wo er mit diesem Objekt unsanft zusammengestoßen war.
Jetzt fiel ihm auch auf, daß der Boden ‚unter‘ diesem Objekt platt gedrückt war, was auf ein hohes Gewicht hindeutete.
 
Er versuchte durch das Abtasten zu ergründen, was es sein könnte, aber er konnte sich nicht erklären, was es sei.
Vor allem, und das wußte er genau, konnte es keine unsichtbaren Dinge geben.
Und da er ein sehr realistisch denkender Mensch war, kam er zu dem Schluß, daß es sich bei diesem Objekt um eine Geheimwaffe der Reichswehr handeln müßte, denn das war die einzige Organisation, von der er annahm, sie könne so etwas konstruieren. Allerdings schien sie zu spät gekommen zu sein, um den Ausgang des großen Krieges noch zu beeinflussen.
Vielleicht hatte man sie hier auch vergessen?
Er war sich unschlüssig, was er tun sollte, aber Eines wußte er: Er würde seinen Fund ganz sicher nicht melden, denn dann würden die ihn fragen, was er da so getan hätte.
 
 
==========  Zur gleichen Zeit an Bord der Picard  ==========
 
Gerschoni hatte das Tarn- und Dämpfungsfeld des Shuttles hervorragend maskiert, so daß es sehr schwierig war, es zu lokalisieren. Er selber rückte mit keinerlei Informationen raus, wo das Teil zu finden sei, und Howy wünschte sich insgeheim, ob er nicht mal mit ein paar kleinen mittelalterlichen Daumenschrauben, von denen er in einem uralten Roman über die Templer gelesen hatte, nachhelfen könnte.
 
Aber dann gelang es ihnen doch in guter Zusammenarbeit Tr’Kovaths, Vandenbergs und ihm selbst, das Teil ausfindig zu machen.
Gerschoni hatte es in einem staatlichen Wald nahe München versteckt und  sehr geschickt getarnt, das mußte man ihm lassen.
 
Vandeberg grunzte: „Wir beamen runter und holen es. Es ist schon dunkel, und wenn wir nur mit geringer Energie starten, wird es an dieser Stelle kaum auffallen. Der Ort ist zu weit entfernt von größeren Ortschaften, und die anderen werden wahrscheinlich an eine Himmelserscheinung glauben, wie zum Beispiel ein Polarlicht, zumal es ja auch noch klar ist.“
 
Howy grinste: „Bloß, daß es da soweit im Süden selten oder nie Polarlichter gibt, und wenn, dann sind sie tiefrot. Unser Shuttle würde aber hellblau leuchten. Und Menschen, die sich da auskennen, würde das auffallen.“
 
Vandenberg lachte: „Die werden sich eine kleine Weile über das Phänomen Gedanken machen und es dann wieder vergessen. Das Shuttle aber würden sie nicht sehen können.“
 
„OK, dann laß uns los. Um ehrlich zu sagen, habe ich ziemlich genug von dieser Erde und dieser Zeit. Einerseits Jubel, Trubel, Heiterkeit und grenzenloser Luxus, und andererseits endloses Elend der Massen. Wie konnte das bloß ein denkender Mensch ertragen?“ Howy kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Aber laß uns zusehen, daß wir von hier weg kommen. Und dafür brauchen wir natürlich unser Shuttle, zumal die Energie des Tarnfeldes nicht mehr lange ausreichen wird.“
 
Vandenberg nickte: „Wir brauchen aber noch zeitgemäße Kleidung.  Wir wäre es mit Uniformen der Ordnungshüter oder der Armee? Falls man uns entdecken sollte, wäre ein Armeeuniform vielleicht das Beste, denn da könnten wir ja uns herausreden, daß wir hier eine Geheimwaffe lagern haben.“
 
Howy schaute in den Computer und wählte Offiziersuniformen des ‚Stahlhelms‘ aus, einer paramilitärischen Nachfolgeorganisation des Reichsheeres.
Der Replikator erstellte sie und da sie auch die persönlichen Daten der Beiden eingegeben hatten, paßten sie wie angegossen.
Wenige Minuten später standen sie auf der Beamplattform und lösten sich in einem goldenen Geflirre auf.
 
 
========== Sekunden später am Ort, wo das Shuttle versteckt war  ==========
 
Franzl erstarrte, als er plötzlich vor sich ein goldenes Flimmern sah und danach zwei Männer in den Uniformen des Stahlhelms auftauchten.
„Also doch!“ dachte er. „Es ist eine Geheimwaffe, die man hier versteckt hat, um sie dem Zugriff Unbefugter zu entziehen.
Er salutierte zackig!
Gleichzeitig beglückwünschte er sich, daß seine Fallen leer geblieben waren.
„Leider habe ich Ihre Waffe gefunden, aber ich verspreche bei meiner Soldatenehre, daß ich nichts davon verraten werden.“ Seine Worte waren markig und ohne jedes Zögern.
 
Vandenberg, der die Situation sofort erfaß hatte, grüßte ebenso zackig zurück: „Wie ich sehe, Kamerad (er deutete auf das EK 1, von dem er zwar nicht wußte, was es war, aber daß das ein Tapferkeitsorden war, ahnte er) können wir uns auf dich verlassen. Das Vaterland braucht Männer wie dich, denn wir werden mit Hilfe neuer Waffen wieder zur alten Größe aufsteigen. Aber du mußt bei deiner Ehre versprechen, nichts von diesem Vorfall zu erzählen. Niemandem! Verstanden?“
 
Franzl schlug die Hacken zusammen und salutierte noch zackiger als vorher: „Jawohl, Herr Hauptmann! Sie können sich auf mich verlassen.“
 
Vandenberg, der noch Restgeld in der Tasche hatte, gab dem guten Mann dieses: „Machen Sie sich einen schönen Abend, Kamerad. Aber geben Sie nicht gleich alles aus, denn das würde auffallen.“
 
Schon ein einziger Blick genügte Franzl, daß er für die nächsten Wochen ausgesorgt haben würde, allerdings wußte er auch, daß er diese Summe nur sehr langsam ausgeben und noch nicht einmal seiner Frau erzählen durfte, woher er es hatte, denn die würde ihm sicherlich nicht glauben, wenn er diese Geschichte erzählen würde, was er ja auch sowieso nicht durfte.
Aber Franzl war keiner von den Dummchen, und wußte schon, wie er handeln müßte.
Er salutierte noch einmal und verschwand im tiefen Unterholz.
 
Howy grinste: „Da haben Sie dem aber seinen Tag vergoldet, Sir.“
 
Vandenberg nickte: „Ich bin fest davon überzeugt, daß wir ihm trauen können, Kamerad. Der Orden bürgt dafür.“
 
Franzl  blieb nach etwa 100 Metern stehen und dreht sich um, denn die Neugier übermannte ihn.
Er legte sich flach auf den Boden und beobachtete das, was sich da abspielte.
 
Der Hauptmann bediente ein kleines Gerät, und plötzlich stand da eine Art Fahrzeug. Ein Tank war es ganz sicher nicht, denn er sah weder Ketten noch Räder, aber nach einem Aeroplan sah es auch nicht aus, denn er sah nirgends Flügel, wenn man mal seitlich von zwei kleinen Stummeln absah.
 
Er sah, wie sich an der Seite eine Art große Klappe öffnete und die Beiden hineinstiegen.
Rechts und links an der Unterseite des Apparates begann es bläulich zu leuchten, und dann erhob es sich blitzschnell steil in den Nachhimmel hinauf und verschwand zwischen den glitzernden Sternen.
 
Er starrte noch eine Weile hinter dem Flieger her: „Wenn das unsere Geheimwaffe ist, werden wir es schaffen und den Franzosen ihre Hosen wieder versohlen.“
Zufrieden machte er sich auf den Weg nach Hause, nicht ohne zu überlegen, wo und wie er einen kleinen Teil des Geldes für etwas Eßbares ausgeben konnte, ohne damit aufzufallen, aber Irgendetwas brauchte er.
Er konnte ja nicht mit leeren Händen zurückkommen.
[Bild: Howy-neu.jpg]
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