Zwischenlog 21 - Anselmus
#1
==========  An Bord der ‘Golden Empress’  ==========
 
Anselmus bekreuzigte sich: „Heiliger Herr Jesus, steh‘ mir bei!
Wie kommst du zu dem Kreuz, du romulanische Hure?
Wo hast du es geklaut, um mich jetzt kirre zu machen?
Aber das wirkt bei mir nicht, denn ich bin ein Mann Gottes und werde dir schon das Maul stopfen, wenn das nicht schon der Herr Jesus tut.
Und du behauptest getauft zu sein, du spitzohriges Miststück?
Und dann noch vom Großinquisitor persönlich!“
 
Die Romulanerin zögerte einen Moment:
„Ich darf es dir nicht sagen, aber ich mußte Folgendes wiederholen:
‚Credo in unum Dominum Jesum Christum, filium Dei, qui propter nos homines et onmes creaturas viventes excendit de eterno. 
Credo in Ecclesiam unam solam sanctam, serva Dei vivi, credo in unam baptismam in remissionem peccatorum et vitam eternam‘
Reicht dir das, du ungewaschener verlauster Dreckwanst?
Nimm lieber endlich deinen lächerlichen Köter aus meiner Nähe, sonst könnte ich ihn treten.“
 
Anselmus schnappte nach Luft und brauchte einen Moment, sich zu erholen.
Die Romulanerin hatte den Taufspruch fehlerfrei und dann noch auf Latein rezitiert.
Woher sollte die das wissen?
Wer sollte es gewagt haben, eine dieser teuflischen Wesen zu taufen und damit zu einer Christin zu machen?
Er zögerte: „Vom Großinquisitor La Salle?“
Warum sollte der das getan haben?
Aber sie antwortete nicht.
Es schien tatsächlich so zu sein, daß sie eine Glaubensgenossin und damit eine zu schützende und zu unterstützende Person war.
Eine Romulanerin! Kaum auszudenken!
Aber sie war nun mal in sein Leben getreten, und er mußte ihr helfen, was seine Christenpflicht war.
 
„Was machst du hier an Bord?“ fragte er. „Ich habe dich bisher nicht gesehen?“
 
„Mein kleines Schiff ging kaputt, und dieser Äppelkahn hat mich gerettet. In letzter Minute. Und jetzt bin ich hier und wurde gleich von deinem Köter angegriffen und fast verspeist.“
 
„Herodes würde niemals Jemanden fressen. Und erst recht keine Romulanerin. Da würde er höchsten Magenkrämpfe von kriegen.“
 
„Ach ja? Ich bin diesem Monster wohl nicht gut genug?“
 
Anselmus grinste: „Na ja, er hat schon einen guten Geschmack, wenn es ans Fressen geht, und Romulaner stehen nicht auf seinem Speiseplan.
Und? Wo willst du jetzt hin?“
 
„Hab ich da die Auswahl? Ich denke, ich werde erst einmal dahin müssen, wohin dieser Kahn fliegt.
Wohin geht denn die Reise, wenn ich fragen darf?“
 
„Nach Epsilon Eridani, falls dir das etwas sagt?“
 
„Keine Ahnung. Was wollen die denn da?“
 
„Ich will da auch hin. Das ist ein Außenposten der Inquisition.“
 
Anselmus bemerkte, daß die Romulanerin etwas weniger grünlich wurde, und er wußte ebenso, daß das bei Romis bedeutete, blaß zu werden.
Aber er ließ sich nichts anmerken, allerdings nährte das seine Zweifel, daß mit dieser Dame alles koscher sei.
Konnte sie eine gut trainierte Agentin sein, die sich in das Zentrum der Inquisition einschleichen wollte, aus welchem Grund auch immer?
Wollte der Talshiar etwa eine der Säulen des Imperiums schwächen oder gar zum Einsturz bringen?
Allerdings könnte er Hilfe gebrauchen, egal, woher diese auch kam, und vielleicht war sie ja genau die Hilfe, die er benötigte, um Rabenstein zu finden?
„Vielleicht verrätst du mir mal deinen Namen, mein Kind? Als Christen im Namen des Herrn werden wir zusammenhalten müssen.
Mein Name ist Anselmus. Bruder Anselmus.“
 
„Nalae. Nenn mich Nalae. Aber sag bitte deinem Hund, daß er mich endlich in Ruhe läßt.
Der irritiert mich mit seinem Angestarre.“
 
Anselmus gab seinem Hund einen Befehl, worauf er sich erst einmal hinlegte, nicht aber ohne die Dame weiterhin im Auge zu behalten.
 
„Er wird dich jetzt in Ruhe lassen. Es sei denn, du hättest die Absicht, mir ans Leder zu wollen. Aber versuch nicht, ihn zu streicheln.“
 
„Nettes Hundchen. Habt ihr wenigstens eine ordentliche Kabine?“
 
„Ich glaube nicht, daß es auf dem Zwischendeck dieses Schiffes solche gibt. Aber wenigstens haben wir einen eigenen abgetrennten Bereich.“
 
„Dann zieh ich gleich bei dir ein, Bruder.“
 
„Um Gottes Willen. Das geht gar nicht. Ich bin ein Mönch unserer Mutter Kirche und lebe in strengstem Zölibat.
Da darf ich noch nicht einmal einen Raum mit einer Weibsperson teilen, erst recht nicht, wenn diese von Romulus kommt.“
 
„Nu hab‘ dich mal nicht so. Meinst du, ich will dir an die Kutte?
Etwas mehr Geschmack solltest du mir schon zutrauen.
Aber ich habe keinen Bock drauf, mit diesem Gesocks in einem Saal zu kampieren. He, Alterchen, nun hab dich mal nicht so.
Immerhin sind wir ja jetzt so etwas wie Partner im Glauben.
Ich schlaf auch auf dem Boden.“
 
„Das wirst du auch müssen, denn meine Koje gebe ich dir ganz sicher nicht.“
 
 
==========  Etwa 2 Wochen später  ==========
 
Die ‚Golden Empress‘ war jetzt im Anflug an Epsilon Eridanus oder besser dessen zweiten Planeten, der das Ziel Bruder Anselmus‘ war.
 
Nach etlichen Querelen, hatte er sich mit Nalae zusammengerauft und ihr sogar seine Koje abgetreten, da er ja grundsätzlich ein netter Kerl war und es als seine Christenpflicht ansah, aber ihr Verhältnis zu Herodes war immer noch eher gespannt, denn der fand das gar nicht gut, daß die jetzt bei ihnen schlief und überhaupt dauernd dabei war.
Allerdings war Nalae schlau genug, immer mal wieder etwas von ihrem Essen an den Hund abzutreten, was diesen etwas milder stimmte, zumal sein Herrchen das erlaubt hatte. Trotzdem bewegte sie keinen großen Zeh, ohne argwöhnisch von Herodes im Auge behalten zu werden.
Und wenn sie sich seinem Herrn zu nahe kam, ertönte ein tiefes Grollen aus seiner Kehle.
 
Aus dem Bordlautsprecher ertönte die Aufforderung, sich zum Ausschiffen bereit zu machen, da man in etwa 2 Stunden an der Außenstation andocken würde und die Passagiere in Transferboote umsteigen müßten.
 
Der Abt forderte Anselmus auf, zu ihm in seine Kabine zu kommen.
Dort deutete er auf das Gepäck und erwartete, daß Anselmus das Ganze tragen würde.
Und das war höllisch schwer.
Aber er hoffte, daß er im Schatten des Abtes weniger scharf kontrolliert werden würden. Er wollte auf gar keinen Fall auffallen, denn er war sich sicher, daß La Salle durchaus nach ihm suchen ließ.
Rabenstein würde ganz oben auf der Liste stehen, aber auch er war überzeugt davon, einen guten Platz weiter ober einzunehmen.
 
Mit Nalae war er übereingekommen, daß sie getrennt durch die Kontrollen gingen, denn er konnte ihr Dasein nicht wirklich begründen. Aber da sie eine gerettete Schiffbrüchige war, würde man sie schon durchlassen, es sei denn, sie stünde auch auf einer Fahndungsliste.
 
Allerdings befürchtete Anselmus ja selber, auf einer solchen zu stehen, möglichst noch mit Holofoto und allen sonstigen Merkmalen.
Und das könnte schon zu einem Problem werden, und er konnte ein Treffen mit Rabenstein endgültig begraben.
 
Er hielt sich bei der Kontrolle am Raumhafen dicht hinter dem Abt, und als man fragte, wer er sei, erklärte der Abt, das sei einer seiner Ordensbrüder und sei hier, um ihm zu dienen.
Womit er ja noch nicht einmal wirklich log, denn immerhin schleppte er gerade mindestens 50 Kilo.
Herodes beachtete Niemand.
 
Anselmus beglückwünschte sich ob der glücklichen Fügung des Schicksals, als es einen ziemlichen Lärm an der Nachbarstation gab, wo Nalae gerade durchwollte.
Irgendein übereifriger Beamte hatte Probleme mit ihrer Identität, aber unser Mönch konnte nicht genau verstehen, um was es ging.
Das war ihm eigentlich auch egal, denn er war sich sicher, daß er nicht wirklich traurig wäre, wenn sie wieder abhandenkommen würde, trotzdem fühlte er sich verantwortlich, griff aber nicht ein, da er kein Risiko eingehen wollte, zumal er schon durch die Kontrollen war.
 
„Wir werden im ‚Kloster zur jungfräulichen Empfängnis Marias‘ wohnen. Allerdings wird Nalae dort nicht direkt übernachten können, aber es gibt ein kleines Gästehaus, wo wir sie unterbringen werden,“ erklärte der Abt, und Anselmus war es recht so, zumal die Klosterinsassen mit Herodes offensichtlich kein Problem hatten.
 
Nalae hatte inzwischen wie auch immer ihr Einreiseproblem gelöst und traf auf die Beiden, als sie vor dem Taxistand standen und mit dem Fahrer einen Preis aushandelten, da das eine durchaus größere Strecke war.
Kurz danach erhob sich der Gleiter in Richtung des Klosters, nicht ohne daß der Abt den Wucherpreis des Kutschers auf die Hälfte reduziert hatte.
Offenbar kannte sich der mit den Preisen hier aus, so daß der Fahrer keine Chance hatte, ihn über’s Ohr zu hauen.
 
Und etwa eine halbe Stunde später luden sie ihr Gepäck beim Kloster aus und klopften an das Tor.

[Bild: anselmus2.jpg]
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