ISDA Log 7 - Sokar
#1
*** Unkartographierter Planet im Niemandsland ***

Sokar hatte sein Lager räumen lassen, jedoch einige 'Hinweise' hinterlegt, die etwaige Spione der Allianz zu dem falschen Schluss verleiten sollten, er habe mit seinen Leuten den Planeten gänzlich verlassen und sei weiter gezogen in Richtung des Tabir-Rifts - seit jeher ein beliebtes Versteck für Gesetzlose und Rebellen.

In Wahrheit war er in die unterirdischen Kavernen des südlichen Kontinents umgesiedelt. Die Gesteinsschichten bildeten einen natürlichen Schutz vor allerlei Scannerarten. Nun stand Sokar auf dem Plateau oberhalb der Höhlen und beobachtete, wie die untergehende Sonne die vom Wind zu bizarren Formen geschliffenen Felsen in Rot- und Violetttöne tauchte. Die Szenerie erinnerte ihn an Vulkan: die geborstenen und zerschlagenen uralten Statuen in der 'Schmiede' und die Felsen, die einst Rückzugsorte für Adepten der reinen Logik gewesen waren. Die Terraner hatten alles vernichtet. Das Land, die Kultur, die Mönche. Die Romulaner hatten sich für die Flüchtlinge ihres Brudervolks keinesfalls als Retter entpuppt - im Gegenteil. Sie waren begierig darauf gewesen, die mentalen Kräfte der Vulkanier zu ergründen und sich nutzbar zu machen im Krieg gegen die Terraner und wer ihnen sonst in die Quere kommen würde.

Eine kräftige Böe wirbelte den feinkörnigen, roten Sand auf und die Sonne schien auf jedem einzelnen Korn zu glitzern, als ob es ein scharfer Diamant wäre. Ein einzelnes Sandkorn wäre machtlos an den dunklen Felsen hinab gerieselt. Millionen von ihnen jedoch, getrieben von der Kraft des Windes, waren in der Lage, den härtesten Felsen abzuschleifen, bis er unter seinem eigenen Gewicht zusammen brach.

Mit der Allianz, mit den Imperien der Terraner und Romulaner, war es nicht anders. Das war Sokar damals auf Vulkan klar geworden. Es brauchte nur genügend 'Sandkörner' und einen Wind, der stark genug war, und auch sie würden fallen wie die Statuen seiner Vorväter, wie die Felsen auf diesem namenlosen Planeten... Die Erosion musste nur den richtigen Ansatzpunkt finden. Eine besonders angreifbare, weiche Schicht... einen brüchigen Pfeiler des monströsen Machtgebildes. Während er seinen Atemfilter justierte und sich langsam auf den Rückweg machte, überdachte Sokar die jüngsten Nachrichten. Inzwischen hatten seine Spezialisten genügend Transmissionen entschlüsselt, um zu wissen, dass die Allianz ein Großmanöver plante. Und einer ihrer gefährdetsten, brüchigsten Stützen war zweifellos das gegenseitige Vertrauen. In den letzten Jahren hatte Sokar das wieder und wieder ausgenutzt. Jetzt schien der Zeitpunkt gekommen zu sein, der morschen Säule den endgültigen Stoß zu versetzen!

Am Eingang einer der Höhlen traf er auf die romulanische 'Ärztin'. Er verabscheute sie. Experimentierfreudige 'Ärzte' der Rihannsu waren es gewesen, die seinen Vater und seine Frau auf dem Gewissen hatten. Neben ihr lungerte ihr düster blickende Blutsgenosse, dem er nicht mehr traute als ihr. Tr'Kovath nannte er sich und war vor einigen Wochen in einem havarierten Shuttle aufgegriffen worden, angeblich auf der Flucht vor einem imperialen Assassinenkommando. Er hatte sich als fähiger Ingenieur mit einer besonderen Faszination für Bioimplantate erwiesen - Sokars Meinung nach ein ZU fähiger. Ein Mann wie er hätte in der Hierarchie der Allianz sein erkleckliches Auskommen haben können. Was wollte er HIER? Die Tatsache, dass er sich meistens abseits hielt und jede Auskunft über seine Vergangenheit verweigerte, war nicht gerade dazu angetan, Sokars Vertrauen zu stärken. Andererseits, sagte er sich, würde ein tatsächlicher Maulwurf des Prätors sich nicht so dumm anstellen... DER hätte mit Sicherheit eine Geschichte parat....

*** Einige Stunden später ***

Sokar hatte seine engsten Vertrauten und die Sergeanten der einzelnen Gruppen zu einer Versammlung einberufen. Das extra angebrachte elektronische Abhörsicherungsnetz sagte auch den anderen, dass wichtige Dinge anstanden. Viele hofften auf einen Angriff auf die Manöverflotte, ein paar gezielte Bombenattentate, die ein paar Generäle wegräumten. Doch der 'Patriarch des Terrors' hatte diesmal etwas anderes vor.

"Die Terraner und Romulaner misstrauen einander," sagte Sokar. "Wir werden dieses Misstrauen gezielt steuern. Wir werden jede Seite glauben lassen, dass die jeweils andere im Begriff ist, sie zu verraten. Die Terraner fürchten seit Jahren, die Romulaner könnten einen neuen Bündnisparter finden und gemeinsam zu ihrer Vernichtung schreiten, und die Rihannsu haben Angst, die Terraner könnten eine neuartige Massenvernichtungswaffe im Stil des Genesisprojekts in der Hinterhand haben." Er stützte sich auf den Stein, der als Konferenztisch diente und ließ den Blick eindringlich über die Anwesenden wandern. "Wir werden sie in dieser Paranoia bestärken. Der Logik zufolge wird es genügend Entscheidungsträger auf beiden Seiten geben, die nur zu gern glauben werden, dass sich ihre Befürchtungen bestätigen. Einer von ihnen wird die Nerven verlieren und das Problem mit einem Offensivschlag lösen wollen. Sie werden sich an die Gurgel gehen wie vor zweihundert Jahren. Und wir... WIR werden die Gelegenheit nutzen, bis in das Herz des Terranischen Imperiums vorzustoßen."

"Das hört sich ja gut an, aber wie genau wollen wir das bewerkstelligen?" Wie immer wohnte Haddus Edzards Ton etwas Angriffslustiges inne. "Zack, wir hacken ihre Komsysteme und keiner merkt was, oder wie, großer Meister?"

Sokars eisiger Blick blieb auf dem jungen Terraner ruhen. "Wir infiltrieren ihr Flaggschiff, das für die Koordination des Manövers zuständig ist. Oder genauer, DU infiltrierst das Flaggschiff, Edzard." Und wenn du dabei einen Fehler machst, werde ich mich freuen, dich der terranischen Justiz zu überantworten.

"Haha, sehr witzig. Sobald ich einen Fuss auf ein terranisches Schiff setze, bin ich so gut wie hinüber. Die haben mich doch erst vor fünf Monaten mal wieder zum Tode verurteilt. Ne, auf sowas hab ich keinen Bock."

"Zhevli wird dir eine neue Identität verschaffen." Sokar nickte der andorianischen Fälscherexpertin zu, die schon so manchen von ihnen durch die Kontrollen der Allianz geschleust hatte.

"Und Nalae verpasst dir ein neues Gesicht," lachte von irgendwo her jemand. Haddus warf ihm einen bösen Blick zu und begann, sich mit seinem Dolch die Fingernägel zu putzen.

Sokar ignorierte beides und fuhr fort: "Mahan tr'Kovath wird dich begleiten - als dein rihannisches Pendant." Der angesprochene Romulaner zeigte keinerlei Regung. "Ihr werdet euch Zugriff auf die Kommunikation und die Kommandoprotokolle des Führungsschiffes verschaffen und dann die entsprechenden falschen Kommuniqués und Informationen freisetzen. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt zu euch stoßen."

"Jaa, na klar, wenn wir schon mal unseren Arsch hingehalten und den Weg geebnet haben, erscheint der große Meister persönlich!"

"....Da ich mich um die Eroberung der Relaisstation Terix Prime kümmern werde," vollendete Sokar. "Edzard, wenn du ein Problem mit diesem Auftrag hast, werde ich jemand anderen damit betrauen."

Haddus Edzard schüttelte den Kopf. "Nope. Wollte schon lange mal wieder von terranischem Flottenfraß kotzen."

Sokar hatte unterdessen eine tragbare Holomatrix entfaltet und einen kleinen Speicherchip in das Datenmodul eingeführt. "So wie es aussieht, ist dies das Führungsschiff für das Manöver, eine waffenstarrende Neuentwicklung mit Transwarpantrieb: die ISS Jean-Luc-Picard."

Gemurmel lief durch die Zuhörer, während sich das Schiffsmodell langsam in der Holomatrix drehte. Mit diesem Namen konnte es eigentlich nur ein schlechtes Omen sein. Admiral Picard war einer der berühmtesten 'harten Hunde' des terranischen Imperiums gewesen, berühmt dafür, dass er nicht lange fackelte.
[Bild: sokar.jpg]
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