ISDA Log 3 Sokar
#1
*** Nicht kartographierter Planet im Niemandsland zwischen ehemaligen Cardassianischem Reich und Terranischen Imperium ***


Der Wüstenwind zerrte und rüttelte an der behelfsmäßigen Unterkunft aus Wellblech, Reflektorfolienresten und Tarnnetzen, zwischen die Reste abgestorbener Pflanzen gestopft worden waren. Die Leute, die in ihrem Innern Zuflucht gesucht hatten, störten sich nicht an den wütenden Angriffen der feindlichen Elemente. Die meisten von ihnen brachten feste Behausungen nur mit Gefängnissen der Allianz in Verbindung. Einen Großteil ihres Daseins hatten sie alle auf der Flucht verbracht, im Freien, in stickigen Frachtcontainern oder in Zelten wie diesen.

Auch der große, grauhaarige Vulkanier, der sich gerade über eine altertümliche Papierkarte beugte, war in Zelten und Verschlägen groß geworden, ebenso wie seine Eltern. Seine Großeltern hatten die Kapitulation von Vulkan im Jahre 2155 miterlebt. Sokar - oder wie ihn seine Untergebenen nannten, 'der Alte' oder seine Feinde 'der Patriarch des Terrors' - war mit seiner Truppe vor einigen Monaten auf diesem Planeten eingetroffen. Zuvor hatten sie fast die Hälfte ihrer Leute bei einer Strafexpedition der Allianz verloren. Die Männer und Frauen, die Sokar jetzt umringten, waren allesamt keine heldenhaften Rebellen gegen ein unterdrückerisches Regime, auch wenn sich der eine oder andere gern so stilisierte in den Kommuniques ihrer Sender. Die derangierte Gruppe, deren Gesichter und Körper die Spuren zahlreicher Kämpfe darboten, bestand aus gestrandeten traumatisierten Existenzen, Verbrechern, die der Justiz entkommen wollten, jugendlichen Unruhestiftern und Fanatikern, die nur eine Sache einigte: in der Allianz war kein Platz für sie.

Ein Andorianer mit nur einem Fühler und einem Auge berichtete gerade: "Soweit ich bisher die Codes knacken konnte, spielt immer wieder die Gamiria-Expanse eine Rolle. Ich habe die Frequenzen seit vier Tagen überwacht. Da ist auf jeden Fall was im Busch. Massive verschlüsselte Befehle. Außerdem Schiffsbewegungen bei den Rommies und den Terranern."

"Hm. Da ist nichts außer Subraumstörungen," brummte ein Klingone, Sokars 'Leibwächter' wenn man so wollte. "Kenne ich aus meinen Schmugglertagen."

"Der Großkanzler und der Prätor scheinen da anderer Meinung zu sein." Sokar konsultierte ein altertümliches Padd zusätzlich zu seiner Papierkarte, um Informationen zu Gamiria abzurufen. Hatte die Allianz Gründe, sich dort zu sammeln? Drohte eine Invasion einer unbekannten Macht?
Laute Rufe aus dem Lager draußen störten Sokars Überlegungen. Im selben Moment wurde die Zeltplane vor dem Eingang des Verschlages zurück gezogen und eine Cardassianerin in Kriegsbemalung lugte herein. "Kommandant! Haddus ist wieder da!"

Sokar stieß sie und zwei weitere seiner Leute mit einer heftigen Armbewegung zur Seite und drängte hinaus, gefolgt von dem Klingonen. In nur einigen Metern Entfernung stand der hagere junge Terraner an der Spitze seiner Truppe und grinste frech. Der Anblick ließ den ungezügelten Zorn des Vulkaniers explodieren. "Das du dich überhaupt noch hier her wagst!"

Er packte Haddus an den um die Brust geschlungenen Gurten mit den Phaserenergiezellen und fixierte dessen wasserblaue Augen. Für ihn waren diese Augen, dieses Gesicht, diese Person, die Essenz all des Terranischen, das er zutiefst hasste. Ein Faustschlag und Haddus hockte mit blutender Nase im Sand. "Ich sollte dich gleich exekutieren!"

"Das wär nich' wirklich logisch, oder!"

"Logisch ist, den Feind so effektiv wie nur möglich zu bekämpfen."

"Na und? Wir haben den verdammten Frachter gesprengt! Das hat die Kolonie auf Teralon 'ne Menge verdammte Luxusgüter gekostet! Und 'n paar von der verdammten Sicherheitstruppe sind auch in den Orkus gewandert!"

"Ihr habt einen lausigen Frachter gesprengt?!" Sokars Stiefelspitze traf Haddus in den Magen. Einige Sekundenbruchteile eher als der Terraner hatte er eine lange Klinge in der Hand, von der niemand zweifelte, dass er sie einsetzen würde. Hinter sich hörte er das vertraute Klicken einer Projektilwaffe. Seine klingonische Rechte Hand hatte Haddus genau im Visier. "EINEN Frachter. Und damit die Allianz auf uns aufmerksam gemacht! Du hast Leute und Ressourcen verschwendet!"

"Wenigstens hab ich was unternommen! Nich' immer nur rumgehockt und geplant und geplant wie manche!"

Aus dem Augenwinkel sah Sokar, wie sich unter den Anhängern des Terraners Unruhe erhob. "Ist einer von euch auch dieser Meinung?" fragte er drohend. Sein Blick blieb kurz auf einer jungen Romulanerin mit Blutrache-Tattoos haften. Er kannte sie gar nicht. Hatte Haddus sie von seinem Überfall mitgebracht?

Im Moment legte niemand es darauf an, vom 'Alten' buchstäblich in die Wüste zum Verdursten geschickt zu werden."Gut. Dann macht euch daran, alles zusammen zu packen. Wir verlegen die Basis!"

Sokar drehte sich um und ließ das Messer wieder in die Scheide gleiten. Was auch immer die folgenden Wochen bringen würden, er musste diesen Terraner los werden, diesen Entschluss fasste er in diesem Moment. Er hatte ihm nie getraut, ganz egal, was er für Geschichten über drohende Erschießungskommandos und verlorenes Duranium erzählte. ER WAR EIN TERRANER! Ein Blick aus schmalen Augen wanderte zurück zu Haddus, der sich gerade aufrappelte. Sie alle hatte er in Gefahr gebracht und brüstete sich noch damit, der Idiot! Aber... vielleicht war das ja auch genau sein Absicht gewesen?

"He! Romulanerin!" Die junge Frau mit den Tattoos machte keinen Versuch, sich in der Menge zu verdünnisieren. Das sprach für ihre Intelligenz, fand Sokar. "Ich will dich sprechen!"
[Bild: sokar.jpg]
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