Griff in die Geschichte Log 3 - Nalae
#1
USS Picard – Krankenstation


„Mr. Gerschoni ist eigentlich sonst ein sehr unauffälliger Mitarbeiter gewesen, sehr gut aber mit einem gewissen Mangel an Sozialkompetenzen“, sagte Mahan, der Nalae in seiner Pause in der Krankenstation besuchte, die gerade nichts zutun hatte. Sie räumte und sortierte herum obwohl dies eigentlich nicht Not tat. Aber aufgrund der momentanen Lage konnte die Ärztin einfach nicht stillsitzen. „Ich bin sehr überrascht, dass er auf einmal so freidreht“, fuhr Mahan fort. 

„Ja ja, sowas kommt immer von denen, denen man es am wenigsten zutraut“, sagte Nalae. „Ehrlich gesagt, mich macht es wütend! Wenn Leute gegen Regeln verstoßen, nur weil sie den Helden spielen wollen. Eine Fußnote in der Geschichte, pff. Das ist keine moralische Debatte ob man sowas macht oder nicht! Das ist eindeutig und völlig klar, dass in einer Zeitlinie nicht herumgepfuscht wird. Die temporale Direktive gibt’s ja nicht nur so zum Spaß. Wer aus reinem Heldenmut da interveniert und so einen begrenzten Horizont hat, ist auf einem Raumschiff nicht gut aufgehoben. “

„Vielleicht können wir das nicht vollumfänglich verstehen, weil es nicht die Geschichte unseres Planeten ist“, antwortete Mahan.
Der hatte die Ruhe weg. Wie immer. Nalae staunte stets darüber, wie er das machte.

„Weißt nicht!“, schnaubte die Rihana. „Ich gehe immer lieber auf Nummer sicher wenn ich nicht vorhersehen kann, welche Konsequenzen mein Handeln auf meine Umwelt hat....was macht denn dieser Hautregenerator hier? Ich habe doch zigmal gesagt, der gehört in Schublade 354.6b, das kann man sich doch wohl merken! Was machen wir denn jetzt wegen dem? Irgendetwas muss man doch machen.“

Das dachte sich Sokar auch. Für diese schwierige Angelegenheit rief er etwa zehn Minuten später die Brückencrew zu einer Konferenz zusammen.

„Es bleibt uns nicht viel Zeit“, sagte der Captain, der mit hinter dem Rücken verschränkten Armen vor dem Konferenztisch stand.
„Mr. Gerschoni wird Deutschland auf der Erde in schätzungsweise 45 Minuten erreicht haben. Es liegt uns keine Information darüber vor, wie er seinen Plan in die Tat umzusetzen gedenkt. Allerdings haben wir durch Radioübertragungen in Erfahrung bringen können, dass wir uns im Jahr 1923 nach Christus terranischer Zeitrechnung befinden. Dies war ein äußerst prägendes Jahr für den politischen Aufstieg Adolf Hitlers. Ein perfekter Zeitpunkt für Mr. Gerschonis Vorhaben – da es weitaus einfacher sein dürfte, gegen Hitler vorzugehen als zu dem Zeitpunkt, an dem Stauffenberg sein Attentat durchführte.“

„Bitte was?“, fragte Nalae und auch Mort und Mahan schienen leicht beeindruckt. 

„Captain, das haben Sie doch jetzt nicht einfach mal eben so aus Ihrem Gedächtnis abgerufen, oder etwa doch?“, fragte die Ärztin ungläubig.
„Die Geschichte der Erde in Erfahrung zu bringen erschien mir äußerst sinnvoll, da ich seit langer Zeit mit den Terranern zusammenarbeite“, antwortete Sokar mit einer hochgezogenen Braue, da er Nalaes Erstaunen offenbar nicht nachvollziehen konnte.

Nalae beugte sich zu Mahan und flüsterte: „Ich hab noch ein bisschen Oberstufenwissen über die Geschichte von Romulus im Hinterkopf.“ 

„Wie dem auch sei. Wir werden Mr. Gerschoni aufhalten müssen“, fuhr Sokar ungeachtet der Unterbrechung weiter. „Mr. Vandenberg, Mr. Caldred, Dr. D'Varo, Mr. Edzardus und Dr. Tr'Kovath, Sie werden das Außenteam für diese Mission bilden. Es ist vonnöten, dass Sie sich dieser Epoche angemessen kleiden. Für diesen Zweck stellen der Computer und das Holodeck eine Bandbreite an Informationen dar, die Sie nutzen können, um sich eine entsprechende Kostümierung zu replizieren. 

„Mort im Tweed-Dreiteiler?!“, Nalae konnte sich nicht beherrschen und prustete los, woraufhin sie einen grimmigen Blick des Reptiloiden erntete.

„Dr. D'Varo, bitte versuchen Sie, Ihre Emotionsäußerungen ein wenig einzudämmen“, bemerkte Sokar beiläufig.
„Ich wollte gerade erklären, dass Mr. Caldred einen Holo-Emitter erhalten wird. Meinen Einschätzungen zufolge sollten wir nicht mehr als drei Tage benötigen um Mr. Gerschoni zu finden. Der Emitter besitzt genügend Energie für diesen Zeitraum. Sollte dies nicht ausreichend sein, werde ich Mr. Caldred natürlich vorher wieder zur Picard abberufen."

Der Captain pausierte einen Augenblick.

"Ihnen allen ist die temporale Direktive selbstverständlich bekannt. Ich möchte noch einmal mit besonderer Deutlichkeit hervorheben, dass diese Direktive ausnahmslos einzuhalten ist, ungeachtet Ihrer persönlichen moralischen Vorstellungen. Jeglicher noch so minimale Eingriff in den zeitlichen Ablauf dieser Epoche wäre nicht zu verantworten. Bitte bedenken Sie das, während Sie sich dort unten aufhalten. Versuchen Sie, möglichst unbemerkt zu bleiben und das Geschehen nicht zu beeinflussen. Es ist von größter Wichtigkeit, dass Mr. Gerschoni unbeschadet zurück kommt und dass er gefunden wird, bevor er seinen Plan in die Tat umsetzt."


„Ich finde das gar nicht so schlecht“, murmelte Nalae, die vor einem Haufen Kleidung stand, der den Boden ihres Quartieres bedeckte.
„Die Mode war zwar unpraktisch, aber schick. Elemente, wie oft trage ich Röcke oder Kleider? Das wird sehr ungewohnt. Ich muss darauf achten, mich wie eine Dame zu bewegen, sonst falle ich auf.“ Sie griff in den Klamottenstapel und zog ein – Etwas heraus.
Ein langes, beiges Chiffonkleid mit geriffeltem Rockteil und kurzen Ärmeln aus Spitze. Dazu ein paar weiße Handschuhe, die bis über den Ellenbogen reichten. Das war doch nicht übel! Eine blickdichte Strumpfhose und ein paar flache Schuhe – auf gar keinen Fall Absätze für eine Mission – und natürlich eine üppige weiße Kappe mit Blumenmuster, um die Stirnhügel und die Ohren zu verbergen.
Nalae drehte sich zufrieden vor dem Spiegel und zupfte das Kleid zurecht.
„Ach ja – der letzte Touch, der fehlt ja noch. Die Wohlhabenden haben sich damals tote Tiere um den Hals gehängt.“
Mit diesen Worten drapierte sie die replizierten Überreste eines Hermelins um ihre Schultern.
„Ja. Doch. Macht was her.“ Sie nickte.

Fünf Minuten später ging die Klingel an ihrem Quartier.
Als Nalae die Tür öffnete, trat sie voller Erstaunen einen Schritt zurück und ihre Mundwinkel formten sich zu einem breiten Grinsen.

„WAS DENN?“, fragte Mahan und verzog das Gesicht um zu zeigen, was er von der Herrenmode des irdischen 20en Jahrhunderts hielt.

Er trug eine schwarze Anzugjacke über einem weißen Hemd, dazu eine weit geschnittene Hose mit Bügelfalten und ein paar matte Herrenschuhe. In der rechten Hand hielt er einen Panamahut.
Um seinen Hals war irgendetwas Undefinierbares gewickelt.

„Nichts. Ich finde...ehrlich gesagt finde ich, du könntest das öfters anziehen“, sagte Nalae und sie sah dabei so aus, als ob sie das ganz ernst meinte. 

„Im Leben nicht!“, antwortete der Romulaner und griff an das Ding an seinem Kragen. Eine Krawatte, die er in einem einfachen Knoten um seinen Hals gebunden hatte. „So unbequem ist nicht einmal meine Paradeuniform.
Was soll dieses Mordgerät hier? Das erwürgt einen ja! Du musst mir helfen Nalae, ich kriege es beim besten Willen nicht so hin wie es auf dem Bild aussieht!“

„Ja, ja, du hast noch gar nichts zu meinem Outfit gesagt!“, antwortete Nalae und wedelte mit dem einen Ende des Hermelins in Mahans Gesicht herum. 

„Was IST das für ein Ding?! Das hat Krallen!“, quietschte Mahan und wich zurück.

„Es ist jedenfalls flauschig“, antwortete die Ärztin und begann, Mahans Krawatten-Debakel zu entknoten. 

„Ich muss sagen, bis auf diesen Wischmopp gefällt mir deine Kleiderwahl ganz fabelhaft“, sagte der Rihanha und grinste.



„Dr. D'Varo, Dr. Tr'Kovath, 16 Uhr ist nicht 16:05“, sagte Vandenberg, als die beiden in Eile im Transporterraum eintrafen.

„Bitte entschuldigen Sie die Verspätung XO, die terranische Kleiderordnung birgt so ihre komplizierten Details“, antwortete Nalae und rückte ihre Kappe zurecht während sich das Außenteam auf der Transporterplattform aufstellte. Wenige Sekunden später gab Vandenberg den Befehl zum Beamen.

[Bild: 7B6TUe5.jpg]
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Griff in die Geschichte Log 3 - Nalae - von Nalae D'Varo - Thu-Sep-2019, 07:14 PM

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