Zwischenlog 19 - Nalae
#1
„Teamarbeit, das is nichtsss für mich! Hick!“

Nalae lehnte an der Bartheke einer völlig heruntegekommen Kaschemme einer sehr vergammelten Kolonie der romulanischen Autokratie, die sich auf einem äußerst öden und kleinen Mond befand.
„Darum habsch misch einfach hier absetzen lassen und jetz brauchichnschiff. Hick!“

Die Ärztin versuchte, den Rihanha neben ihr mit einem lasziven Blick zu bedenken, allerdings verfehlten ihre halb zugefallenen, grün unterlaufenen Augen diesen Zweck vollkommen.
Den Mann neben ihr schien das aber nicht zu stören, da er selbst nicht gerade nüchtern war.

„Ich hab da ein sehr großes, langes...Schiff im Hangar, Baby“, lallte er. 

„Wirklich jetz n Schiff oder was?“, antwortete Nalae und leerte ihr bereits leeres Schnapsglas.

„Ja, wirklich, ein ganz stattlicher Kahn is das“, entgegnete der Mann und rückte ein wenig näher.

„Also den würdi mir ja gerne mal ansseeehn, dein Kahn“, antwortete Nalae und versuchte sich auf die Füße zu stellen, was mit einigen Torklern mäßig erfolgreich gelang.

„Na dann komm mal mit, Baby“, antwortete der Rihanha und fasste Nalae am Arm.

Die Romulanerin torkelte mit dem Mann mit, der sie tatsächlich in ein Hangar führte, was allerdings einige Zeit in Anspruch nahm, da keiner von beiden noch richtig laufen konnte. 

„Naaa Baby, wassssagssu?“, fragte der Mann.

„Wunderschööön“, hauchte Nalae als sie einem kleinen Shuttle gegenüberstanden, dessen Legierung an einigen Stellen enorm abgeblättert war und einige stattliche Dellen und Kratzer aufwies.

„Wollen wir mal reingeeehn, hmmm?“, fragte der Rihanha, stützte sich mit einer Hand am Shuttle ab und setzte ein schmieriges Grinsen auf.
Noch bevor Nalae antworten konnte hatte er mit ein paar Mal Tippen auf dem Schaltpult die Flügeltüren des Shuttles geöffnet, die langsam nach oben glitten.

Nalae betrat das kleine Gefährt und flätzte sich auf die Vordersitze.

„Dasss nenni mal einen geiles Schiff, du!“, lallte sie und fuhr langsam mit der Hand über das Schaltpult, was den Rihanha einigermaßen zum Schwitzen brachte, als er sich zu Nalae gesellte und ihr so dicht auf die Pelle rückte wie er konnte.

„Naa Honey, sollisch disch mal sseigen wie man diesen langen Hebel bedient?“

„Oh ja, ssseig mir den langen Hebel!“, antwortete Nalae.

In dem Moment in dem der Mann sich an ihrem Oberteil zu schaffen machte, schnellte Nalaes Hand hinter ihrem Rücken hervor und und stieß eine diamantenscharfe Klinge mitten durch das Herz des Romulaners.
Grünes Blut sickerte auf die Sitze und floß in kleinen Rinnsalen darauf herunter.

„Danke für das Schiff, Volltrottel!“, sagte Nalae, vollkommen nüchtern wie sie tatsächlich war, und hievte den Körper ihres neuestem Mordopfers so schnell sie konnte aus dem Shuttle, sodass er mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden aufprallte.
Dann verschloss sie die Türen und startete den Antrieb.

In dieser verkommenen Kaschemme würde man möglicherweise mehr als zehn Minuten benötigen um die Leiche zu finden, aber sie wollte besser nichts riskieren!

Nalae wähnte sich in Sicherheit. Sie flog nun seit einer Stunde durch den Raum ohne, dass sie jemand verfolgte.
Nun, wenn man ehrlich war, es gab eigentlich keine Welt, in der man mehr Aufwand für die Ermittlungen eines Mordes an einer unbedeutenden Person betrieb als den kleinen Finger zu heben. So etwas gehörte im gesamten Quadranten zum Alltag und Nalae kannte keinen Ort, an dem es anders lief.

Sie stand auf und inspizierte den winzigen Frachraum des Shuttles.
Die Ärztin wusste nicht, ob sie enttäuscht oder begeistert sein sollte, als sie einen winzigen Nahrungsmittel-und Wasservorrat neben einem sehr stolzen Depot an verschiedenen Spirituosen vorfand.
„Es hätte weitaus schlechter sein können“, meinte sie dann und griff nach einer Flasche Fusel, deren Inhalt sie nie zuvor gesehen hatte.


Zwei Stunden später.

Auf der „GOLDEN EMPRESS“

„Noch ein Schiff? Normalerweise ist hier innerhalb von einer Woche nicht so viel Verkehrsaufkommen“, grunzte der Captain, der gerade erst eine Truppe aus einem kleinen, halb zerfallenen Borgschiff aufgenommen hatte.

„Soll mir egal sein“, meinte er. „Ich bin hier schließlich nicht die Wohlfart!“

Gerade als er zuende gesprochen hatte, erreichte sein Schiff ein Ruf, der unversehens über die gesamte Brücke hallte.

„Uuund am Hoooorizooont weeeeht der goldene T'Liiiiiiiiiiisss! Heee! Sind Sie ein Schiff!?“

„Was bei den heiligen Monden von Thrakis ist da los?!“, fragte der Captain die Person, von der das unerträgliche Gejaule kam.

„Ich brauch ein Schiiiiiff zum flieeegeeeeen!“, krähte die weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung und ließ einen lauten Rülpser folgen.

„Das ist ja wohl unfassbar! Als ob ich hier jeden versoffenen Vollidioten an Bord lasse! So weit kommt es wohl noch!“

„Das wirssu ganz klar bereuhen, du verfetteter Thrai!“, lallte es jetzt sehr wütend.

Der Captain unterbrach den Kontakt jäh und setzte den Kurs ungehindert fort.

„Arschloch!“, fauchte Nalae und schaffte es trotz ihres sehr fragwürdigen Zustandes, das Shuttle zu wenden und dem Kurs der GOLDEN EMPRESS zu folgen.


„Sie scheint uns zu folgen, Captain“, meldete der Bolianer.

„Pah! Ein versoffenes Luder in einem völlig heruntergekommenen Shuttle sollte keine Gefahr für uns darstellen“, schnaubte der Captain. „Die wird wahrscheinlich bald mit dem nächsten Asteroiden kollidieren, da brauchen wir uns keine Gedanken zu machen.“

Nalae fragte sich wütend, wieso bei allen Dämonen der Hölle sie so betrunken war, nahm die Flasche des Gesöffs und beäugte sie mehrere Sekunden lang von allen Seiten um festzustellen, dass sie leer war.
Mit einem romulanischen Fluch warf sie die Pulle hinter sich, sodass sie an der Wand zerschellte. In diesem Moment meldete sich der Bordcomputer.

„Warnung! Das Energielevel erreicht einen kritischen Bereich! Warnung!“

„Fvadt!“ 

Nalae blinzelte, so als ob ihre Sicht dann weniger verschwommen würde, aber das große Schiff vor ihr erschien immer noch doppelt.

Sie schickte einen erneuten Hilferuf los, doch der Captain der Golden Empress schien sich stur zu stellen.

„Erst beleidigen und dann einen Notruf abesetzen, das habe ich gerne!“, brummte er spöttisch und verschränkte die Arme.

„Aber Captain, es könnte dem Ruf unserer Linie zuträglich werden und eventuell verfügt sie über monetäre Mittel“, wandte der erste Offizier ein.

„Sie ist zwar völlig betrunken, aber sie sterben zu lassen wäre vielleicht nicht die feine Art.“

„Nun gut, nun gut. Es wird für sie Strafe genug sein, wenn sie in ihrem Zustand die anderen Passagiere belästigt – ich glaube nicht, dass die Spaß verstehen!“




Wenn Herodes etwas nicht mochte, dann waren es Betrunkene. Und dass sich ein solches Exemplar näherte bemerkte der Hund bereits bevor es in die Sichtweite seines Herren gelangte.
So bildete er die Vorhut und verschwand langsam den Gang hinunter um die Ecke um ein lautes Knurren hören zu lassen.

„Du bist ein braver Hund! Du bist ein guter Hund! Ein braves Hündschen!“, hörte Anselmus eine heisere Frauenstimme quietschen als er sich dem Geschehen näherte. 

Nalae angelte verzweifelt in ihren Taschen angesichts des knurrenden, riesigen Hundes. Hatte sie vielleicht das Glück, noch irgendwo etwas Essbares bei sich zu tragen?
Ein sehr harter, sehr verknitterter und angeschmolzener Energieriegel gelangte zwischen ihre Finger. Sie brachte es nicht einmal fertig ihn aufzureißen und warf ihn einfach in Richtung von Herodes' Schnauze um sich dann umzudrehen und sofort wegzurennen – sofern man diese torkelnden, stolpernden Bewegungen als „Rennen“ bezeichnen konnte.

Dass dies die dümmste Idee war, die der Romulanerin hätte kommen können, wurde ihr klar, als sie die Pfoten des Hundes hinter sich hörte, die nur so über den Gang flogen.
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