Central Terminal

Normale Version: Projekt Brieftaube Log 8
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
*** Erde / Berlin / Hauptquartier der DIA ***


Aus den Panoramafenstern des 132. Stockwerkes schweifte der Blick weit über die Stadt, ihre alten Denkmäler und neuen  neuen Geschäfts- und Regierungsbauten und die grünen Tupfen der Parkanlagen zwischen ihnen. Es herrschte eine heitere Atmosphäre - was man von Innerhalb des Büros nicht sagen konnte.

"Wir haben keine Temporaltorpedos," hatte Rufus LaSalle, derzeitiger Interimsleiter der DIA, soeben verlauten lassen.

"Rufus, ich weiß von jemandem, der weiß, dass Sie zumindest über einige Testexemplare verfügen," erwiderte ich. "Ich weiß, dass Temporalsprengköpfe gebannt sind--"

"Gebannt unter maßgeblicher Beteiligung meiner Person, um genau zu sein."

"--aber es geht um die Rettung der Crew der Picard UND des Wissens, das sie mitbringen wird."

LaSalle, mein alter XO von der Saipan, seufzte leise und im hellen Mittagslicht waren deutlich die tiefen Furchen in seinem Gesicht zu sehen, die die letzten Jahre dort gegraben hatten. "Ich wünschte, es wäre so einfach. So einfach wie damals. Aber ich bin in einem ganzen Netz von Verantwortlichkeiten gefangen. Und - ich bin nur der Interimsdirektor."

Die Art, wie er das sagte, machte mir klar, dass da jemand die Strippen zog, der sie nicht ziehen sollte, und ich dachte wieder die Informationen des Sektion 31-Agenten. Ich fand meinen Posten im Exploration Council nicht sonderlich beneidenswert, aber LaSalle hatte es noch übler getroffen. In der Tat, Beförderungen waren keine gute Sache. Aber hatten nicht alle Starfleet-Captains diese Erfahrung gemacht - von Admiral Archer über Admiral Kirk bis zu Admiral Picard und vielen anderen weniger berühmten Kommandanten?

"Aber sagen wir... wir können beide zugeben, dass es Forschungen zu Temporalsprengköpfen gab, nicht wahr? Das steht in jeder offiziellen Akte. Und wenn Sie nun zu weiteren Forschungen die Blaupausen und Spezifikationen an das Institut für Temporale Physik senden, das ist nicht untersagt, oder sehe ich das falsch?"

LaSalle lächelte dünn. "Das klingt mir nach einem klassischen romulanischen Hinterhalt, Sareth!"

"Nun, dann geraten Sie in einen klassischen romulanischen Hinterhalt, nicht wahr?"

Mein ehemaliger XO schritt in seinem Büro auf und ab und dachte nach. "Der Torpedo allein macht noch keine Zeitreise, um es so salopp auszudrücken. Sie brauchen eine Abschussvorrichtung mit den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen. Und die einzige meines Wissens je gebaute befindet sich in einem der alten Träger der dritten Flotte. Der... USS Reed, glaube ich mich zu erinnern. Und wo der jetzt ist, das ist jenseits meiner Jurisdiktion."

Ich griff seine rechte Hand und drückte sie. "Danke, Rufus. Um der alten Zeiten willen."

"Um der alten Zeiten willen. - Und jetzt, schätze ich, wollen Sie sich an die Arbeit machen!"
....


*** Zwei Tage später /Luzern / Sommervilla von Richard von Rabenstein ***

Ich hatte in Erfahrung gebracht, dass der Leiter der dritten Flotte, der Bolianer Carimz Tolwyn, ein großer Bewunderer der Literatur und Schauspielkunst und insbesondere ein Fan von Richards letzten beiden Werken war. Und so hatte ich beschlossen, meinem alten Seelenverwandten in der Schweiz einen Besuch abzustatten. Er kannte Tolwyn persönlich, im Gegensatz zu mir, die ich ihnn ur auf offiziellen Meetings von der Ferne gesehen und vielleicht etwas bedeutungslosen Smalltalk mit ihm gewechselt hatte.

Nun saßen wir auf der Veranda, genossen ein Abendessen der exquisitesten Haute Cuisine - und sprachen über einen Mann, den ich eigentlich nicht kennenlernen wollte...

"Es gibt nichts Schlimmeres für einen Künstler als ein Bewunderer, der meint, die Kunst zu lieben, in Wahrheit aber keine Ahnung von Kunst hat, glaube mir," sagte Richard. "Und Tolwyn hat den Kunstverstand einer Amöbe. Es ist peinlich, so jemanden unter meinem Fananhang zu haben. Ich fühle mich etwas schlecht, soetwas zu sagen, aber  ... Tolwyn ist sicher ein guter Militär. Ich hoffe das zumindest. Aber ...." Er schnitt ein akkurates Häppchen aus seinem Soufflé und tunkte es in das Sahnehäubchen.

"Die Frage ist, warum quält er sich dann damit herum?"

"Ich schätze, um Eindruck zu machen. Er ist ein selbstverliebter Egomane, der sich als orientalischer Potentat warscheinlich gut exponieren würde. Bei der dritten Flotte hat er eher weniger Gelegenheit dazu."

"Aber bei offiziellen Stabsessen..." gab ich mit hochgezogenen Augenbrauen zurück.  "Die Frage ist, wie komme ich an ihn heran ... oder besser, an seinen Träger mit der Torpedoabschussvorrichtung?"

"Ich nehme an, der Dienstweg ist ausgeschlossen? Du kannst ihn nicht requirieren für irgendwelche Tests?"

"Wenn ich das könnte, säße ich nicht hier."

"Oh - ich dachte, du wolltest mich besuchen?! Ich bin tief getroffen!" Er lachte und ließ den Blick über die barocken Skulpturen an der Brüstung schweifen. "Ich würde sagen, der traditionelle Weg ist in diesem Fall der Beste." Er zeigte auf eine lächelnde Flora mit Füllhorn. "Lass deinen weiblichen Charm spielen und erinnere ihn daran, dass andere vielleicht um so freigiebiger sind, und er schlecht dasteht."